Christian Jasper

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Breaking The Fourth Wall


Die Vierte Wand ist ein Begriff aus der Theater- und Filmwelt, die eine unsichtbare Mauer zwischen den Zuschauern und der Realität auf der Bühne oder Kinoleinwand bezeichnet.
Die Vierte Wand zu durchbrechen, ist eine Technik, in der ein direkter Kontakt zum Publikum aufgenommen wird, in der eine temporäre Verbindung zwischen der „echten“ und „fiktionalen“ Wirklichkeit entsteht.
Ein Darsteller der aus seiner Rolle fällt um das Publikum anzusprechen ist hierfür ein Beispiel.

Für Christian Jasper ist die Vierte Wand jedoch zu einer durchsichtigen Gaze geworden.
Wir als Zuschauer Durchlaufen eine Flut von Millionen von Bildern und Tönen in Form von Kino, Fernsehen, Nachrichten, Radio. Täglich, und das seit Jahren, gewahren wir einer Vielzahl von Eindrücken, die zwischen abstumpfend und alltäglich bis schockierend und erschreckend variieren. In einem Umfeld von Unterhaltung, von provokativer und schizophrener Unterhaltungswelt wie Virtual Reality, verwischen stetig die Grenzen zwischen Schein und Wirklichkeit, Lüge und Realität.

Unser Selbstbild wird hiervon unweigerlich beeinträchtigt. Unser Verhalten ist dadurch beeinflusst. Oder ist es die Anpassung an die mediale Welt der Bilder? Durchbrechen wir selbst die Vierte Wand?

Christian Jasper unternimmt eine unmögliche Analyse, um bei sich selbst nachzuspüren, was die Auswirkungen dieser Medien-Kontamination sein könnte. Er destilliert Bilder aus seiner eigenen Anschauung, gleichsam unterscheiden sich hierbei Bilder, die aus seinen eigenen autonomen Emotionen und Erleben entstehen und Bilder, die durch die Medien beeinflusst sind, die aber erst zu seinen „eigenen“ werden müssen, um so Eingang in seine Bildwelt finden zu können.
Er multipliziert sein „Selbst“, um stets andere Eindrücke und Emotionen zu erfassen.
Seine Zeichnungen sind Studien. Sie zeigen, wie er in seinen Bildern Verbindungen entstehen lässt und Assoziationen evoziert. Seine Skulpturen sind sorgfältig ausgeführte „Stills“, - sind Momentaufnahmen. Eine einzelne Skulptur entspricht einer einzigen Aufnahme aus einem fortlaufenden Film.

So zeigt „Freak 1 (I hope you guess my name)“ einen kleinen Mini-Jasper, bedrohlich und voller Aggressionen, der von seinem eigenen übergroßen Schatten droht erdrückt zu werden. Der Titel der Arbeit bezieht sich nicht zufällig auf eine Textzeile aus Rolling Stones´ „Sympathy for the Devil“.
„Proof“ zeigt eine Szene aus David Fincher´s „Seven“, in der eine der Hauptfiguren (Inspektor Mills dargestellt von Brad Pitt) vor der Wahl steht, einen besonders kreativen Serienmörder (John Doe gespielt von Kevin Spacey), der dessen junge Frau ermordet hat, zu töten oder nicht. Im angrenzenden Raum ist die Arbeit „Portrait Gwyneth Paltrow“ ausgestellt, ein Versandkarton in dem sich ein sorgfältig modellierter, abgetrennter Kopf der Schauspielerin befindet. Wie in dem Film „Seven“ ließ sich Jasper das Paket via UPS anliefern.
„Vollkontakt 1“ ist ein Selbstbildnis mit einem permanenten Faustabdruck, eine Wunde, die niemals heilt. „Selbst“ zeigt Jaspers Gesichtsabdruck, der aus der Mauer- in der das Negativ eingelassen ist- hervor scheint und einen unaufhaltsam anschaut. Bei „Doppel“ sehen wir ein riesiges, fleischlich, geädertes Paar Brüste, die auch wie Augen wirken können, eine Mischung aus hervorquellenden Lust-Augen wie aus einem Comic und gleichzeitig auch ein kritischer Blick auf die überreizte, sexualisierte Medienwelt.

Christian Jasper modelliert seine Arbeiten in Plastilin, seine Figuren haben, wie wir, eine weiche Oberfläche.
In ihnen sollte- seiner Ansicht nach-  ein ausgewogenes Verhältnis zwischen realistischer Wiedergabe und Spielzeughaften gewahrt sein. Jaspers Figuren leben in einer Zwischenwelt, in der alles möglich ist, wo vor allem aber starke Emotionen wie Überraschung, Enttäuschung, Angst und Aggressionen die Oberhand nehmen.

Michael Meert

 

 

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